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Zwei Chefinnen –
doppelte Power

Die ÖBB setzen neue Maßstäbe für moderne Arbeitsmodelle und zeigen, wie Karriere und Privatleben harmonisch vereinbart werden können. Katarina Roder und Veronika Unterlerchner teilen sich die Leitung der Personalentwicklung und Kultur. Ihr Erfolgsrezept? Top-(Job-)Sharing. Wir haben mit den beiden über flexible Arbeitsmodelle, Diversity und Karrierechancen gesprochen.

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Foto: ÖBB
Was hat Sie dazu bewogen bei den ÖBB zu arbeiten? Was fasziniert Sie?

Veronika Unterlerchner: Nach Abschluss meines Studiums der Internationalen Betriebswirtschaft habe ich bei den ÖBB als Trainee begonnen. Ich durfte in dieser Zeit verschiedene Bereiche des Personalwesens kennenlernen und so meine Leidenschaft für die Personalentwicklung entdecken. In den vergangenen 18 Jahren habe ich im Bereich Learning & Development gearbeitet und verschiedene Programme und Themen im Talent-Management und der Führungskräfteentwicklung konzipiert, organisiert und geleitet.

Mittlerweile verfüge ich über mehrjährige Führungserfahrung und engagiere mich für Themen wie Mitarbeiter:innenbindung und die Förderung von Frauen. An meinem Job schätze ich die vielfältigen Aufgaben, die für Abwechslung sorgen. Zudem finde ich es großartig, für ein Unternehmen tätig zu sein, in dem Nachhaltigkeit gelebt und Mitarbeiter:innen die Möglichkeit gegeben wird, sich persönlich wie beruflich weiterzuentwickeln.

Katarina Roder: Ich bin erst seit September 2023 bei den ÖBB. Eigentlich hatte ich nicht vor, zu wechseln, die interessante Position als Leitung Personalentwicklung und Kultur bei der ÖBB INFRA, die als Shared Position ausgeschrieben war, hat mich aber letztlich überzeugt. Bereut habe ich diesen Wechsel keine Sekunde lang. Die ÖBB sind ein innovatives, modernes Unternehmen und ich bin stolz, ein Teil davon zu sein und an der Ausgestaltung sowie Entwicklung im Bereich HR beteiligt zu sein.

Welche spezifischen Initiativen oder Programme bieten die ÖBB an,
um Frauen in technischen Berufen zu fördern und zu unterstützen?

Veronika Unterlerchner: Die Bahnbranche ist historisch männlich geprägt. Um den Anteil an Frauen im Unternehmen zu steigern und den Generationenwechsel zu meistern, bedarf es der aktiven Förderung von Frauen. Dafür haben wir bereits einige Hebel in Bewegung gesetzt.

Bei der Bewerbung technischer Berufe setzen wir bei der ÖBB Infrastruktur AG auf weibliche „Role Models“ und holen mit der jährlich wiederkehrenden Kampagne #joboffenSieve (seit 2021) starke ÖBB-Frauen vor den Vorhang. Am jährlich stattfindenden Girls Day öffnen wir die Tore unserer Lehrwerkstätten und bieten jungen Frauen spannende Einblicke in die Arbeitswelt bei den ÖBB und die Vielfalt an Lehrberufen. Zudem bieten wir Mentoring- und Karriereprogramme für Studentinnen mit technischem Fokus.

Mit dem Female Business Impact Programm (FBI) stärken wir Frauen in Spezialist:innen- und Expert:innenpositionen. Die Initiative wurde von unserer Vorständin Silvia Angelo ins Leben gerufen. Die Idee dahinter – die Erweiterung des fachlichen Know-how, persönliche Weiterentwicklung, kollegiales Lernen und gezieltes Networking sollen helfen, den Karriereturbo zu zünden. Unterstützend dazu steht eine eigens programmierte App zur Seite, die Tipps und Lerninhalte bereithält.

Katarina Roder: Ganz neu ist die Initiative Empowering Tech Women (ETW). Das Programm startet dieses Jahr im Herbst und soll Technikerinnen in (angehenden) Führungspositionen in ihrer Rolle als Female Leader stärken und voranbringen. Vertieft werden soll dabei auch das Wissen im Bereich Leadership, digitale Transformation und Stärkung des Brandings. Für Frauen in Führungspositionen hat sich in den letzten Jahren viel getan, da gezielte Schritte und Maßnahmen gesetzt wurden. Dazu zählt neben den bereits genannten Initiativen wie FBI und ETW eben auch das Top-(Job-)Sharing, das meine Kollegin und ich enorm schätzen. Darüber hinaus gibt es Workshops, Cross-Mentoring-Programme und Onlinetrainings zu Diversity und Inclusive Leadership, speziell für weibliche Führungskräfte.

Welche konkreten Maßnahmen setzen die ÖBB, um mehr Diversity in technischen Berufen zu fördern?

Veronika Unterlerchner: Frauen sind ein unverzichtbarer Teil unseres Erfolges und unserer Unternehmenskultur. Deshalb begrüßen wir besonders Bewerbungen von Frauen, die bei gleicher Qualifikation – unter Berücksichtigung der relevanten Rahmenumstände aller Bewerbungen – bevorzugt aufgenommen werden.

Katarina Roder: Neben den bereits erwähnten Programmen haben wir interne Zielsetzungen, die wir verfolgen. Beispielsweise für die Bereiche Verschub und Fahrdienstleitung. Dort arbeiten tendenziell weniger Frauen. Uns ist wichtig, hier nicht wegzuschauen, sondern gegenzusteuern. Wir beschäftigen uns aber nicht nur mit Gendergerechtigkeit.

Uns ist es wichtig, ein gutes Arbeitsumfeld für alle zu schaffen und daher setzen wir die unterschiedlichsten Maßnahmen. Wir kooperieren mit vielen Organisationen zum Thema Menschen mit Behinderungen, um auch hier vielfältiger zu werden. Für Personen aus der LGBTIAQ+-Community haben wir ein eigenes Netzwerk und nehmen jährlich an der Pride teil, um auch hier ein Zeichen nach außen zu setzen.

Wie unterscheidet sich das Top-Sharing-Modell der ÖBB von anderen Sharing-Konzepten?
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Foto ÖBB

Katarina Roder: Von Top-Sharing sprechen wir bei den ÖBB, wenn sich zwei Mitarbeiter:innen eine Führungsposition teilen. Bei uns ist das eben die Leitung Personalentwicklung und Kultur. Wir arbeiten beide in Teilzeit, 25 Stunden, und teilen uns die Themen bzw. Projekte auf. Für uns funktioniert das wunderbar. Wichtig ist, dass man sich aufeinander verlassen kann. Wir sind ein eingespieltes Team und halten uns gegenseitig auf dem Laufenden. Jede von uns hat den Überblick über das große Ganze.

Veronika Unterlerchner und
Katarina Roder teilen sich einen Top-Job
bei den ÖBB.

Warum haben Sie sich für dieses Modell entschieden?

Veronika Unterlerchner: Das Modell bzw. die Leitung Personalentwicklung und Kultur in Teilzeit zu machen, war eine tolle Möglichkeit für mich, einerseits den nächsten Karriereschritt zu gehen und andererseits genügend Zeit für meinen Sohn zu haben, was mir persönlich sehr wichtig ist. Ich habe in der Funktion davor auch in Teilzeit gearbeitet, daher ist die Entscheidung finanziell gesehen bewusst gewählt und passt für mich.

Katarina Roder: Auf Mitarbeiter:innen die, aus welchen Gründen auch immer, nicht (mehr) in Vollzeit arbeiten können, komplett zu verzichten, ist ein herber Verlust fürs Unternehmen. Ich bringe in Teilzeit die gleiche Motivation und Kompetenz mit wie davor, nur mit ein paar Stunden weniger Arbeitszeit. Es geht hier viel Know-how und Kompetenz verloren, wenn eine Organisation nur auf Vollzeit fokussiert ist. Das gilt nicht nur für die Führungsebene, sondern für das gesamte Unternehmen. Für mich hat Top-Sharing enorm viele Vorteile, nicht nur für uns, sondern eben auch fürs Unternehmen. Zwei Mitarbeiter:innen teilen sich eine Position und ergänzen sich in ihren Präferenzen, Fähigkeiten und Erfahrungen. Davon profitieren wir alle.

Welche Voraussetzungen muss man mitbringen? Dürfen das auch Männer in Anspruch nehmen?

Veronika Unterlerchner: Damit Top-Sharing oder generell Job-Sharing funktionieren kann, bedarf es gegenseitigen Vertrauens und guter, strukturierter Zusammenarbeit sowie Kommunikation. Auch das Menschliche muss einfach passen.

Bei uns war es so, dass es neben dem klassischen Recruiting ein Assessment Center und einen Persönlichkeitstest gab. In der letzten Runde, beim Hearing, mussten wir gemeinsam an einer Aufgabe arbeiten. Das hat wunderbar geklappt und der Funke ist quasi gleich übergesprungen.

Wir ergänzen und verstehen uns toll – ein Perfect Match eben. Die ÖBB sehen Top-Sharing aber nicht als Frauenförderungsprojekt, sondern als Lebensphasenmodell. D. h., es wird für alle Geschlechter und diverse Lebensrealitäten angeboten.

Katarina Roder: Ich denke, es ist wichtig, dass das Top-Sharing-Paar sich im Führungsstil und seinen Werten ähnlich ist. Ich vertraue Veronika sehr, wenn es um Mitarbeiter:innenführung geht. Das Paar sollte sich, sowohl was die Kompetenzen, inhaltlichen Schwerpunkte, als auch die Erfahrung betrifft, gerne ergänzen – das bereichert alle.

Welche Vorteile bieten sich durch dieses Modell?

Veronika Unterlerchner: Top-Sharing ist eine Win-win-Situation für Mitarbeiter:innen und das Unternehmen. Letzteres profitiert von einer größeren Zahl an Bewerber:innen und damit auch einem diverseren Kandidat:innenfeld. Der Generationenwandel macht auch vor den ÖBB nicht Halt. In den nächsten Jahren geht rund ein Fünftel der aktuellen Belegschaft in den Ruhestand.

Um die besten Köpfe zu den ÖBB zu holen, braucht es Angebote, die eine gewisse Flexibilität zwischen Arbeit und Freizeit ermöglichen. Für die Mitarbeiter:innen bieten sich dadurch einfach tolle Karrierechancen, die für viele sonst in Teilzeit nicht möglich wären. Plus – man kann auch unheimlich viel voneinander lernen, sich gegenseitig ergänzen. Man hat quasi immer einen Sparring-Partner an seiner Seite.

Katarina Roder: Es gibt gewisse Themen, die man als Führungskraft weder mit den Mitarbeiter:innen noch mit der Chefin/dem Chef besprechen kann. Dieses Problem wird beim Top-Sharing gelöst. Veronika und ich können alle heiklen Themen miteinander besprechen und schwierige Entscheidungen gemeinsam treffen.

Gibt es dieses Modell auch generationsübergreifend? Dass z. B. eine erfahrene Führungsperson mit einem*einer jüngeren Einsteiger*in einen Job „shared“?

Veronika Unterlerchner: Neben Standard-Job-Sharing und Top-Sharing sind künftig auch Generationen-Job-Sharing und Eltern-Job-Sharing bei den ÖBB als Sharing-Modelle vorgesehen. Generationen-Job-Sharing ist hier ein besonders schönes Konzept.

Die/der erfahrene Mitarbeiter:in bringt umfassendes Wissen, Fachkompetenz und wertvolle Einblicke in betriebliche Abläufe mit, während die/der jüngere Kolleg:in frische Perspektiven, technologische Affinität und aktuelle Fachkenntnisse einbringt. Diese Kombination fördert den Wissensaustausch und die Weiterbildung beider Parteien, steigert die Innovationskraft des Teams und sichert gleichzeitig den nahtlosen Wissenstransfer innerhalb des Unternehmens.

Top-Sharing betrifft ja Führungspositionen, gibt es auch für Berufseinsteiger:innen diese Möglichkeit, den Job zu „sharen“?

Katarina Roder: Wir sprechen von Job-Sharing, wenn sich zwei Personen einen Job teilen. Die Zielgruppe eines solchen Modells kann also vielfältig sein. Es können Personen sein, die Betreuungspflichten haben (Kinderbetreuung oder auch Pflege), jüngere Personen, die daneben noch ihre Ausbildung absolvieren oder auch ältere Personen, die langsam ausgleiten und daher die Arbeitszeit verringert haben.

Wie wirkt sich das Modell auf die Work-Life-Balance aus?

Katarina Roder: Ganz klar positiv, da wir eine bewusste Entscheidung getroffen haben, in Teilzeit zu arbeiten – in unserem Fall aufgrund unserer Kinder. Auch ein Wechsel in eine Vollzeitstelle ist möglich – die Funktion ist dann abhängig von den Gegebenheiten.

Wie sieht die Vision für Gendergerechtigkeit und Diversity bei den ÖBB in den nächsten zehn Jahren aus?

Veronika Unterlerchner: Bei den ÖBB werden regelmäßig Zielsetzungen im Bereich Diversity & Inclusion für die nächsten drei Jahre erarbeitet. Wichtig ist uns dabei, ambitionierte, aber realistische Ziele zu setzen.

Ein großer Schwerpunkt liegt hier bei der Geschlechtergerechtigkeit. Wir verzeichnen in den letzten Jahren einen kontinuierlichen Anstieg beim Frauenanteil in allen Bereichen, vom Lehrling bis zur Führungskraft. Dabei helfen uns die gesetzten Maßnahmen, die von Weiterbildung und Recruiting über Anlaufstellen, Kampagnen, Kooperationen und interne Netzwerke bis hin zu regelmäßigen Erhebungen und der Koppelung von Diversitätsmaßnahmen an die jährlichen Boni der Führungskräfte reichen.

Katarina Roder: Besonders wichtig ist uns auch das Thema der Arbeitszeitflexibilität. Hier setzen wir neben dem bereits erwähnten Top-Sharing auch auf Maßnahmen wie flexible Arbeitszeitmodelle, Gesundheitsvorsorge und Kinderbetreuung (auch in den Ferien). In zehn Jahren wünschen wir uns im Bereich Gendergerechtigkeit eine ÖBB mit übererreichten Zielsetzungen, wie wir es heute schon haben, und ein Umfeld, in dem sich unsere Mitarbeitenden wohlfühlen und entfalten können.

Welchen Rat würden Sie jungen Technikerinnen und Technikern geben, die eine Karriere bei den ÖBB anstreben?

Veronika Unterlerchner: Bleibt neugierig und lernbereit! Die Mobilitätsbranche entwickelt sich rasant. Wer technologisch am Ball bleibt und offen für Neues ist, hat hier beste Chancen.

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