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Text: Daniela Schuster
Fotos: AK, Momentum Institut, ÖGB_quer, Gloria Krenn

Stelle frei?
Kein Wunder!


Der Fachkräftemangel stellt alle anderen unternehmerischen Herausforderungen in den Schatten, sagen Expert*innen. Die Gründe für ihn sind vielfältig – und mitunter hausgemacht. Denn wo Mitarbeitende fehlen, da sucht man auch attraktive Jobs und gute Arbeitsbedingungen oft vergebens.

Sicher, es gibt ihn, den Fachkräftemangel. Und ja: Die Demografie ist schuld. Wenn die geburtenstarken Babyboomer-Jahrgänge in Pension gehen, können die nachrückenden jüngeren Generationen, zu denen du als TU-Studierende*r gehörst, die Lücke schon rein zahlenmäßig nicht füllen. Man muss kein Mathe-Genie sein, um zu verstehen, dass diese Schlacht im War of Talents nicht gewonnen werden kann.

Dass sich die Zahl der offenen Stellen in Österreich laut WKO bis 2040 beinahe verdoppeln wird und nach einer Umfrage des Instituts für Bildungsforschung der Wirtschaft (ibw) schon jetzt 88 Prozent der interviewten österreichischen Firmen unter einem leichten, 46 Prozent unter einem starken Fachkräftemangel leiden, liegt jedoch nicht allein am demografischen Wandel. Es gibt auch noch eine Menge anderer Gründe. Sie fangen bei fehlenden Kinderbetreuungs- und Pflegeplätzen an und hören bei Nostrifizierungs- und Qualifizierungshürden für Migrant*innen noch lange nicht auf.

Hier ist vor allem die Politik gefordert. Doch bis diese in die Gänge kommt, liegt es auch an den Unternehmen selbst, aktiv(er) zu werden. Nicht nur in den HR-Abteilungen, im Recruiting oder Employer Branding. Sondern ganzheitlich im Sinne der Firmenkultur. Zu einem Teil ist der Fachkräftemangel nämlich durchaus haus- oder besser gesagt betriebsgemacht. Wer keine attraktiven Jobs zu bieten hat, faire Gehälter, gute Arbeitsbedingungen, Weiterbildungsmöglichkeiten und Co., muss sich jedenfalls nicht wundern, wenn er nicht einmal eine Bewerbung (von dir) erhält.

Was eigentlich eh selbstverständlich und längst klar sein sollte, belegen auch die Expert*innenstatements, Studien oder Statistiken, die wir hier versammelt haben. Eine unbequeme Wahrheit? Vielleicht. Aber eigentlich senden sie alle auch eine gute Nachricht an die Arbeitgeber*innen. Dass sie nämlich das Steuer, dass es im Mangel-Meer herumzureißen gilt, selbst in der Hand haben.

Ob sie den richtigen Kurs einschlagen? Sehen sie dann daran, dass du zu ihnen ins Team kommst. Und auch dort bleibst.

Marie Hasdenteufel neu (C) Ingo Pertramer Momentum Institut

Woran hakt es wirklich?
„In welchen Berufen es einen Fachkräftemangel gibt, definiert die Regierung derzeit mittels einer sogenannten Mangelberufsliste. Sie listet alle Berufe auf, bei denen auf eine offene Stelle weniger als 1,5 Erwerbsarbeitssuchende kommen. Ein einziger Faktor entscheidet also darüber, wo Mangel am Arbeitsmarkt besteht“, so Marie Hasdenteufel, Expertin für Arbeitsmarktthemen des Momentum-Instituts. „Woran es tatsächlich hakt, hält die Liste nicht fest. Oft verlassen Arbeitskräfte eine Branche aufgrund von schlechten Arbeitsbedingungen oder mangelhafter Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Stellen werden dann nicht besetzt, weil sie zu unattraktiv sind, und nicht zwingend, weil es einen Mangel an ausgebildeten Arbeitskräften gibt.“

Marie Hasdenteufel,
Expertin für Arbeitsmarkt-
themen des Momentum-Instituts
Sylvia Ledwinka (C) ÖGB quer

Bedarf erkennen
„Es geht darum, die Löhne und Gehälter zu erhöhen, attraktive und planbare Arbeitszeiten anzubieten sowie die Vereinbarkeit von Familie und Beruf zu ermöglichen. Außerdem geht es um Weiterbildungs- und Entwicklungsmöglichkeiten, mehr Freizeit und – wenn Arbeitgeber*innen junge Menschen von einem Job in einem anderen Bundesland überzeugen wollen – auch um leistbares Wohnen“, sagt ÖGB-Arbeitsmarktexpertin Sylvia Ledwinka. Betriebe, die das erkennen würden, hätten kein Rekrutierungsproblem.

Sylvia Ledwinka,
Arbeitsmarktexpertin des ÖGB
Marterbauer (C) AK

Die Richtigen unterstützen
„Die Politik muss dabei unterstützen, Arbeitskräfte von miesen zu guten Unternehmen mit hoher Produktivität, hohen Löhnen und guten Bedingungen zu vermitteln. Miese Betriebe, die niedrige Löhne zahlen, oft kündigen, schlechte Qualität bieten, verdienen die Unterstützung der Politik und die Vermittlung durch das AMS nicht: Nicht jede offene Stelle ist es wert, besetzt zu werden“, sagt der Nationalökonom und AK-Experte Markus Marterbauer.

Markus Marterbauer,
Nationalökonom und
Experte der Arbeiterkammer
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Wünsche berücksichtigen
Die Experten des Beratungsunternehmens Becker + Partner sind überzeugt: „Mit ordentlichen Löhnen und attraktiven Arbeitszeiten lassen sich auch in Zeiten des Arbeitskräftemangels noch motivierte Mitarbeiter*innen finden. Schaut man sich die aktuellen Recruiting-Trends an, stehen außerdem ein gutes Betriebsklima, flache Hierarchien, Aufstiegschancen und eine möglichst sinnstiftende Tätigkeit ganz oben auf dem Wunschzettel.
Die Wünsche der Mitarbeiter*innen sind also keine unbekannte Größe und hier sollten die Unternehmen ansetzen. Denn wer will es den Fachkräften verdenken, wenn sie sich nicht mehr in zahllosen Überstunden aufreiben möchten und darüber Familie und Gesundheit vernachlässigen?“

Becker + Partner

Was Studierende wollen

(c)fotofilmwerk 051023 TU22 kl

Studierende stellen selbstbewusst Anforderungen an ihre künftigen Arbeitgeber*innen. Bevor sich Studierende auf ein Inserat bewerben, reflektieren sie kritisch. Environmental-, Social-, Governance-Aktivitäten (ESG) werden dabei genau in Augenschein genommen. Dabei ist nicht nur Nachhaltigkeit per se relevant, der Großteil der Studierenden sucht eine Tätigkeit, in der sie etwas tun können, was sie als sinnvoll empfinden, oder durch die sie einen Impact in der Gesellschaft erreichen können. Eine gute Arbeitsatmosphäre ist für sie ebenso wichtig, zusätzlich legen Studierende jedoch großen Wert auf fachliche Themen. Ein Austausch mit den Fachexpert*innen im Unternehmen ist für die Jobsuchenden besonders spannend, um Einblicke in die Bereiche zu bekommen, in denen sie dann auch selbst tätig sein werden. Unternehmen müssen sich also zunehmend bei den Talenten bewerben. Unseren Unternehmenspartner*innen im TU Career Center ist das sehr wohl bewusst. Daher können wir auch gemeinsam spannende Formate umsetzen und so Konsens erreichen.

Tanja Elgendy, MSc
HR Consultant,
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